Angebot der Früherkennung wird 50

Berufsgenossenschaften und Unfallkassen bieten kostenlose Krebsvorsorge

Arbeitnehmende, die während ihrer Arbeit gefährlichen Stäuben wie Asbest ausgesetzt waren, können auch nach ihrem Berufsleben auf die Unterstützung der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen zählen.

Rückstände von Asbest und Schutzkleidung

Bild: © Tsuboya, Adobe Stock

Denn sie haben ein hohes Risiko, aufgrund ihrer Arbeit Lungenerkrankungen oder Krebs zu bekommen. In Deutschland betrifft das mehrere hunderttausend Menschen. Fast 2.000 davon sterben jedes Jahr an Berufskrankheiten, die durch gefährliche Stäube verursacht wurden. Schon seit 1972 bieten Berufsgenossenschaften und Unfallkassen ihren Versicherten daher eine regelmäßige kostenlose Vorsorge an. So können mögliche Erkrankungen früh erkannt werden.

Krebserzeugende Stoffe lösen eine Erkrankung manchmal erst Jahre oder Jahrzehnte nach dem Kontakt aus. Um ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen, müssen Arbeitgeber daher auch ihren ehemaligen Mitarbeitenden eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten, wenn sie krebserzeugenden Gefahrstoffen ausgesetzt waren. Das ist die sogenannte nachgehende Vorsorge. Diese wichtige Aufgabe übernehmen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen für die Arbeitgeber.

Um diese Arbeitnehmer bestmöglich betreuen zu können, haben die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen besondere Einrichtungen gegründet. Sie sind spezialisiert und gewährleisten, dass die Vorsorge regelmäßig nach besten medizinischen Standards durchgeführt wird. Eine dieser Einrichtungen ist die 1972 als „Zentrale Erfassungsstelle Asbeststaubgefährdeter Arbeitnehmer“ gegründete Gesundheitsvorsorge (GVS) in Augsburg, die von der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) als Auftragseinrichtung geführt wird. 2022 feiert sie ihr 50-jähriges Bestehen.

Die GVS kümmert sich um Arbeitnehmende, die während ihres Berufslebens Stäuben von Asbestfasern, kristallinem Siliciumdioxid (Quarzstaub) oder künstlichen Mineralfasern ausgesetzt waren. Sie haben das Risiko, an Lungenveränderungen, Lungenkrebs oder asbestverursachten Weichteiltumoren (Mesotheliome) des Rippenfells, des Bauchfells oder des Herzbeutels zu erkranken.

„Auch eine Exposition von wenigen Minuten kann möglicherweise ausreichend sein, um später zu erkranken.“

Alexandra Centmayer

Die Versicherten selbst müssen sich dabei um nichts kümmern: Die Arbeitgeber melden ihre Daten für die nachgehende Vorsorge online über ein extra eingerichtetes Portal (www.dguv-vorsorge.de), den Rest erledigt die  Einrichtung der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Sie schreibt die Versicherten regelmäßig an: in der Regel alle drei Jahre, Personen mit hohem Lungenkrebsrisiko sogar jedes Jahr. Monatlich verschickt sie so bis zu 8.000 Einladungen und fördert so aktiv die Früherkennung von gefährlichen Krankheiten. Die Teilnahme an der Vorsorge ist für die Versicherten dabei immer freiwillig.

Für die Versicherten ist die Vorsorge komplett kostenlos. Auch Fahrtkosten und Verdienstausfall werden erstattet. Und sollte sich im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen der Verdacht auf eine Berufskrankheit erhärten, übernimmt die jeweils zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse den Fall sowie die weitere Behandlung. Auch das ist für die Versicherten kostenlos.

Von allen Stäuben ist Asbest mit Abstand der gefährlichste. Knapp zwei Drittel aller Todesfälle infolge von Berufskrankheiten im Jahr 2020 sind auf Asbest zurückzuführen. Wegen seiner krebserregenden Wirkung ist die Verarbeitung des Materials zwar seit 1993 in Deutschland verboten - aber rund ein Fünftel aller Gebäude in Deutschland enthält immer noch Asbest. Es findet sich zum Beispiel in Dämmstoffen, Dachplatten, Zement, Dichtungen aber auch in Fliesenklebern, Farben und Putzen. Da das Einatmen von Asbestfaserstaub Krebs verursachen kann, dürfen Umbauten und Abbruch nur unter höchsten Arbeitsschutzauflagen geschehen. Dennoch kann es auch heute noch zu Expositionen kommen, vor allem bei Mitarbeitenden der Baubranche.

Das Tückische: Asbest kann erst Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben gesundheitliche Probleme verursachen. Die sogenannte Latenzzeit (Zeitspanne zwischen Kontakt und dem Auftreten krankhafter Veränderungen) liegt bei ungefähr 30 bis 50 Jahren. Das Präventionsangebot der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen wird daher noch lange wichtig bleiben. Und auch bei nur kurzen Asbeststaubeinwirkungen ist eine Gefährdung nicht auszuschließen. Alexandra Centmayer: „Auch eine Exposition von wenigen Minuten kann möglicherweise ausreichend sein, um später zu erkranken. Deshalb sollte jeder Arbeitgeber auch Mitarbeitende mit kurzzeitigem Kontakt zur nachgehenden Vorsorge anmelden.“

© BG ETEM, Christian Sprotte

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