Letzte Änderung: 27. Mai 2023
Wenn Mitarbeiter*innen Angehörige pflegen
Als Führungskraft den Einklang von Beruf und Pflege ermöglichen
Die häusliche Pflege ist über die kommunalen Unfallversicherungsträger versichert, deren Trägerin ist in Hessen die Unfallkasse Hessen (UKH). Zum 1.1.2017 haben sich mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz die Voraussetzungen zum Versicherungsschutz der häuslichen Pflegepersonen geändert.
In den nächsten Jahren ist mit einem ständigen Anwachsen des Anteils der über 80-Jährigen in der Bevölkerung zu rechnen und gleichzeitig liegt die Pflegewahrscheinlichkeit bei dieser Gruppe bei 38,5 Prozent. Es ist also abzusehen, dass dieses Thema in Zukunft noch stärker präsent sein wird - eine Herausforderung auch für Führungskräfte in Unternehmen.
Gemeinsam die Herausforderungen angehen
Viele Beschäftigte verstehen die Pflege ausschließlich als Privatangelegenheit und scheuen sich, Kolleg*innen und Vorgesetzte anzusprechen. So erhält eine Führungskraft diese Information oft erst, wenn es einen akuten Handlungsbedarf gibt. Und dann muss schnell für die Umverteilung von Aufgaben und Verantwortungen gesorgt werden, ohne große Vorbereitung.
Nur bei einem mitarbeiterorientierten, offenen und auf Vertrauen beruhendem Führungsstil haben Führungskräfte die Chance, schon frühzeitig von einem anstehenden Bedarf an Unterstützung zu erfahren und erforderliche Maßnahmen einzuleiten. So können Sie sowohl den Beschäftigten helfen als auch Schaden vom Unternehmen abwenden. Das Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ sollte gleichermaßen im Fokus stehen, wie zum Beispiel die Kindererziehungs- und Elternzeiten.
Weitere betriebliche und menschliche Herausforderungen können sich durch die hohe emotionale Belastung der Betroffenen ergeben. Gefühle und Befinden sind von außen nicht ohne Weiteres gut einzuschätzen. Nur im persönlichen Gespräch kann ein möglicher Unterstützungsbedarf festgestellt werden.
Pflegenden Angehörigen kann mobiles Arbeiten das Erfüllen dieser Aufgabe ohne finanzielle Einbußen ermöglichen.
So können Unternehmen Pflegende unterstützen
Mobiles Arbeiten und Teilzeit ermöglichen
Die Unternehmen müssen sich angesichts der absehbaren Entwicklung auf eine stärkere Nachfrage nach Unterstützung vorbereiten. Grundsätzliche Möglichkeiten für Telearbeit und mobiles Arbeiten sind dafür gute Voraussetzungen. Gerade das mobile Arbeiten hat sich in der Corona-Zeit als schneller umsetzbar gezeigt, als es viele vermutet hätten. Mobiles Arbeiten ermöglicht auch Beschäftigten, die nicht selbst in die Pflege eingebunden sind, bei denen aber dennoch Familienbesuche bei oft entfernt lebenden Angehörigen notwendig sind, diese zu bewerkstelligen, ohne den Erholungsurlaub dafür aufzubrauchen.
Auch pflegenden Angehörigen kann mobiles Arbeiten das Erfüllen dieser Aufgabe ohne finanzielle Einbußen ermöglichen.
Durch flexible Teilzeitregelungen ist es den Beschäftigten möglich, sich in die Pflege einzubringen, ohne den Kontakt zum Unternehmen zu verlieren. Vielen Angehörigen ist es wichtig, auch in den Pflegezeiten weiter berufstätig zu sein. Häufig ist die Berufstätigkeit sogar ein verlässlicher Anker in der Zeit der hohen privaten Zusatzbelastungen.
Pflegeberatung anbieten oder vermitteln
Da oft zu Beginn der Pflege der höchste Informationsbedarf besteht, ist es sinnvoll, Kontaktdaten zu Beratungsstellen bereitzustellen (beispielsweise im Intranet) oder auch – insbesondere in größeren Unternehmen – selbst Pflegeberatungen anzubieten.
Offene Kommunikation und Verständnis
Führungskräfte sollten sich offen für das Thema zeigen und auch über die eigene Betroffenheit reden. So erhält man die Chance, dass sich auch die Beschäftigten öffnen und über ihre Probleme berichten. Die Führungskraft kann so besser auf die individuellen Bedürfnisse eingehen.
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Eine Umorganisation der Arbeit kann Entlastung bringen.
Zeitliche Freiräume zu schaffen und die Arbeitszeit flexibler zu gestalten liegt oft in der Hand der direkten Führungskraft. Manchmal reicht schon das klare Signal, dass man Verständnis für die Situation hat und auch kurzfristige Abwesenheiten ermöglicht. Auch eine Umorganisation der Arbeit kann Entlastung bringen, zum Beispiel, indem man Reisetätigkeiten oder Teilnahmen an Veranstaltungen weit weg vom Wohnort reduziert. Auch hierbei hat die Corona-Krise gezeigt, dass dieses Verfahren durchaus möglich ist – etwa durch die Nutzung von Video- oder Telefonkonferenzen und digitale Schulungen.
In Hinsicht auf die emotionale Belastung kann es natürlich nur eine am individuellen Bedarf orientierte Unterstützung geben. Ein Gesprächsangebot kann helfen, es kann aber auch erforderlich sein, auf professionelle Unterstützung zu verweisen.
Wenn Beschäftigte die Berufstätigkeit zeitweilig vollständig aufgeben müssen, sollte man klären, ob ein regelmäßiger Kontakt gewünscht wird, um „auf dem Laufenden“ zu bleiben. Und natürlich sollte nach einer Rückkehr in die Berufstätigkeit sensibel mit der Situation umgegangen und ausreichend Zeit eingeräumt werden, um zurück in die Tätigkeit zu finden.
Anspruch auf Freistellung für die Zeit der Pflege
Die Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz und dem Familienpflegezeitgesetz, die kurzzeitige Arbeitsverhinderung und das Pflegeunterstützungsgeld ermöglichen es Beschäftigten, den Beruf und die Pflege von Angehörigen zu vereinbaren.
Anspruch auf Pflegezeit wird Beschäftigten gewährt, die nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen. Ein Anspruch auf Freistellung besteht für die häusliche oder auch außerhäusliche Betreuung von minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen und für die Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase. Der Anspruch gilt für alle Pflegegrade. Es handelt sich um eine sozialversicherte, von Arbeitgebenden nicht bezahlte vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung für die Dauer von bis zu sechs Monaten.
(Quelle: Bundesgesundheitsministerium).