Letzte Änderung: 20. April 2024

Norm-Anforderungen für Hangrutschen in Kitas und Schulen beachten und umsetzen

So planen und bauen Sie sichere und nutzerfreundliche Hangrutschen für Kinder

Viele der bei der UKH versicherten Kitas haben Hangrutschen. Für ihre Planung und ihren Einbau gibt es einschlägige Vorschriften und Empfehlungen, zum Beispiel Normen. Ziel ist es, die Gefahr für die Kinder beim Rutschen so gering wie möglich zu halten. Planerinnen und Planer von Kitas sind auf der sicheren Seite, wenn sie die folgenden Hinweise berücksichtigen.

Bild: © Canva

Normanforderung für Seitenbereiche von Hangrutschen

Die Kinder nutzen die Seitenbereiche von Hangrutschen in der Regel als Aufgang oder Aufstieg. Das führt zu einer erheblichen Belastung des Geländes. Planerinnen und Planer sehen darum häufig Rampen, Terrassierungen aus Stein oder Holz etc. vor, um Erdabtrag zu vermeiden und Hänge ggf. zu stabilisieren.

Im Bereich der von uns versicherten Einrichtungen (Schulen, Kindertageseinrichtungen) haben sich diese Einbauten bewährt. Eine erhöhte Unfallgefahr durch diese Stützungen ist nicht festzustellen.

Mit der Novelle der Norm „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Teil 1: Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren; Deutsche Fassung EN 1176-1:2008“ wurde jedoch eine neue Anforderung für Geräte mit erzwungener Bewegung (z. B. Rutschen) aufgenommen:

Unter allen Spielplatzgeräten mit einer freien Fallhöhe von mehr als 600 mm und/oder Geräten, die eine erzwungene Bewegung der Benutzenden verursachen (z. B. Schaukeln, Rutschen, Wippgeräte, Seilbahnen, Karussells), müssen stoßdämpfende Böden über den gesamten Aufprallbereich vorgesehen werden. Die kritische Fallhöhe des Bodens muss gleich oder größer der freien Fallhöhe des Gerätes sein.

Der Zweck dieser Anforderung ist nicht, die Kinder vor kleineren Schlägen oder Stößen zu schützen, die allenfalls zu einem blauen Fleck oder einer Verstauchung führen könnten. Diese Arten von Verletzungen sind in allen Spiel- und Bewegungssituationen möglich. Angrenzende Geräteteile mit einer Differenz in der freien Fallhöhe von weniger als 600 mm dürfen sich im Fallraum befinden. Das Oberflächenmaterial der Terrassen ist üblicherweise Erde bzw. Schutzmaterial wie Holzhackschnitzel o. Ä. und stellt somit keine erhöhte Verletzungsgefahr dar.

Seitdem wird die Umsetzung dieser Forderung kontrovers diskutiert. In der Praxis schwankt man immer noch zwischen einem vollständigen Verbot jeglicher Einbauten im Bereich der Aufprallflächen und der Akzeptanz von Treppungen. Insbesondere für die naturnahe Gestaltung ist das Verbot seitlicher Einbauten problematisch, da ohne Hangstützung fast immer nur sehr geringe Standzeiten des Hanges gegeben sind.

Was sagt der Normungsausschuss im CEN dazu? Ausführungen für Fachleute

Die UKH wollte diese unbefriedigende Situation klären. Der zuständige Normungsausschuss beim DIN leitete unsere Anfrage an den entsprechenden Normungsausschuss im CEN weiter, da es sich um eine europaweit geltende Norm handelt. Man hat uns geantwortet.

Gemäß den mittlerweile vorliegenden Ausführungen des Europäischen Komitees für Normung (CEN) weist die Aufprallfläche des Auslaufbereichs von Hangrutschen das höchste Verletzungsrisiko auf. Grund: Die Rutsche nimmt die Person auf und führt sie dorthin (Anm.: „In diese Richtung erfolgt die erzwungene Bewegung; hier endet die erzwungene Bewegung“). Daher ist für die Oberfläche des Auslaufbereichs eine kritische Fallhöhe von 1.000 mm anzusetzen (Anm.: Oberfläche mindestens Oberboden).  

Bezüglich seitlicher Aufprallflächen ohne Fallhöhe (Fallhöhe von 0 m, das entspricht dem Seitenbereich einer aufliegenden Hangrutsche) wird angemerkt: … „dass diese bei der Prüfung gemäß Norm Stoßdämpfende Spielplatzböden – Bestimmung der kritischen Fallhöhe; Deutsche Fassung EN 1177:2008" einen HIC-Wert von Null ergeben und somit keine entsprechende Prüfung gemäß DIN EN 1177 erfordern. Grundsätzlich sind jedoch die Fallraumanforderungen nach DIN EN1176-1, Ziff.4.2.8.4 einzuhalten.“ Das heißt konkret:

Im Fallraum dürfen sich keine Gegenstände befinden, auf die ein Benutzer/eine Benutzerin fallen und die Verletzungen verursachen könnten, z. B. Pfosten, die nicht bündig mit angrenzenden Teilen sind oder herausragenden Fundamente (siehe 4.2.14).

Aus dieser Stellungnahme ergeben sich folgende Ableitungen

Zulässige Seitenbereiche …

  • folgen in Neigung und Höhe unmittelbar dem Rutschenverlauf, wodurch tatsächlich keine freie Fallhöhe vorliegt,
  • weisen keine scharfen, kantigen und harten Materialien auf, denn diese stellen bei einem Aufprall eine erhöhte Verletzungsgefahr dar.
  • Selbstverständlich gelten zusätzlich die weiteren Anforderungen der DIN EN 1176-1 hinsichtlich des Freiraums.

Rampe und Steinfläche seitlich der Rutsche sind somit (bei entsprechender Gestaltung) zulässige Hangstützungen bzw. Oberflächen in der seitlichen Aufprallfläche einer Hangrutsche. Sie beträgt bei Rutschen beidseitig jeweils 1,00 m.

Unzulässige Seitenbereiche:

  • Die seitliche Aufprallfläche folgt in Neigung und Abstand nicht dem Rutschenverlauf (z. B. bei Terrassierung), wodurch an diversen Stellen eine freie Fallhöhe größer 0 besteht.
  • Die seitliche Aufprallfläche weist scharfe, kantige und harte Teile auf (z. B. Felsen).

Seile an Rampen müssen beidseitig befestigt sein und dürfen die maximal zulässige Schwingweite nach DIN EN 1176 (Prüfung mit Prüfkörper) nicht überschreiten.

Checkliste: Was heißt das für die Praxis?

Die CEN-Beurteilung kann als Richtschnur bei der Neugestaltung von Hangrutschen-Anlagen dienen.

  • Hangstützungen in der seitlichen Aufprallfläche sind möglich, sie müssen jedoch die vorgenannten Anforderungen erfüllen.
  • Der Neubau von Felstreppen ist nicht mehr möglich. Es gab zwar bisher kein alarmierendes Unfallgeschehen, dennoch besteht keine Normkonformität.
  • Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass sich Kita-Träger, Planer*in und der jeweilige Spielplatzgeräte-Prüfer bei der Neuplanung von Hangrutschen im Vorfeld abstimmen, welche Gestaltung des Seitenbereichs vorgesehen ist. So kann man vermeiden, dass bei späteren Überprüfungen Irritationen über abweichende Beurteilungen der Fallschutzanforderungen entstehen.

Weiterhin zu klären sind

  • die Zulässigkeit von Varianten, die mit obiger Betrachtung nicht eindeutig zu beurteilen sind, wie Terrassierungen mittels quer liegender Rundhölzer oder gerundeter Holzstufen,
  • der Umgang mit bestehenden Felsanlagen.
Bild: © UKH
Hangrutsche mit Steinanordnungen im Seitenbereich
Steinanordnungen im Seitenbereich von Hangrutschen (siehe Foto) haben sich zwar seit vielen Jahren als unauffällig im Unfallgeschehen erwiesen, sind aber trotzdem nicht mehr zulässig.

Checkliste: Sichere Terrassierungen

Die Terrassierung weist im Gegensatz zur CEN-Forderung eine Fallhöhe gegenüber der Rutsche auf. Wir halten sie dennoch für zulässig, wenn folgende Forderungen erfüllt sind:

  • Die Baumstämme sind in Höhe der Rutschenfläche angeordnet und die maximale freie Fallhöhe zur Terrassenfläche beträgt 600 mm.
  • Die Hölzer weisen eine entsprechende Rundung auf. Bei Stämmen von ca. 20-40 cm Durchmesser ist diese quasi vorgegeben.
  • Bei Holzstufen ist eine Rundung der Vorderkante vorzunehmen, die mindestens dem Radius des oberen Abschlusses der Seitenbrüstung der Rutsche entspricht (Radius mindestens 2 cm).
  • Die sichtbaren Kanten der Stirnflächen der Stämme bzw. Stufen sind gerundet (Radius mindestens 2 cm) bzw. abgeschirmt.
  • Die Stirnflächen zur Rutsche hin sind bei einem seitlichen Abstand zur Rutsche von max. ca. 10 cm durch das Rutschenprofil abgeschirmt. Die gegenüberliegende Stirnseite kann durch bündigen Erdeinbau oder eine Stamm- bzw. Stufenlänge von mindestens 1,50 m gesichert werden.

Bei Einhaltung dieser Vorgaben ist unseres Erachtens die CEN-Anforderung erfüllt. Es besteht zwar eine Fallhöhe, diese ist jedoch in Übereinstimmung mit Ziff. 4.2.8.4 DIN EN 1176 zulässig.

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