Letzte Änderung: 24. März 2024

Brand- und Explosionsgefahren in Betrieben

Brandschutz bei Gefahrstoffen: Das müssen Unternehmen beachten

Durch Brände und Explosionen entstehen in Deutschland jährlich Schäden in Millionenhöhe. Deshalb ist Brandschutz, unabhängig von Art und Größe des Betriebes, immer auch im eigenen Interesse Sache der Arbeitgeber*innen.

Häufige Ursache ist der Umgang mit entzündbaren und/oder brandfördernden Stoffen, wie in Campinggasflaschen oder Spraydosen. Dämpfe von entzündbaren Flüssigkeiten sind in der Regel schwerer als Luft, können über weite Strecken „kriechen“, sich am Boden, in Senken oder Hohlräumen anreichern und entzünden sich dort. Entzündbare Gase dagegen (z. B. Methan) sind leichter als Luft. So können etwa beim Schweißen kleine Schweißperlen mehrere Meter weit springen und entzündbare Materialien in Brand setzen (wie bei der Brandkatastrophe am Düsseldorfer Flughafen 1996).

Eine weitere Ursache ist die Verwendung von Lösemitteln oder lösemittelhaltigen Farben, Lacken und Klebstoffen in kleinen, nicht oder schlecht belüfteten Räumen mit wirksamen Zündquellen (z. B. brennende Zigaretten, Heizstrahler, elektrische Funken). Zu Bränden ist es schon häufiger gekommen, wenn aus einem leeren Lösemittel- oder Bitumenfass mit einer Flex eine „Regentonne“ gebastelt wird.

Diese Faktoren begünstigen Brände und Explosionen

Auch in Betrieben können Bedingungen vorliegen, die Brände und Explosionen fördern. Zur Gefährdungsbeurteilung gehört deshalb unbedingt auch die Ermittlung der Brand- und Explosionsgefahren. Damit es brennt, müssen folgenden 3 Faktoren vorhanden sein:

  1. entzündbarer (brennbarer) Stoff
  2. Sauerstoff in ausreichender Menge
  3. eine wirksame Zündquelle

Die Geschwindigkeit des Brandes und seiner Ausbreitung ist unter anderem von der Art des Stoffes, der Größe seiner spezifischen Oberfläche und der Sauerstoffkonzentration abhängig. Die Verbrennungsgeschwindigkeit fester Stoffe ist gering, sie nimmt jedoch mit der „Zerkleinerung“ des Brennstoffs zu – je nachdem, ob der Stoff staubförmig, gas- oder dampfförmig ist.
In Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Verbrennung und der Ausbreitung sowie dem Druckanstieg, der durch die Brandgase verursacht wird, unterscheidet man zwischen Verbrennung, Verpuffung, Explosion und Detonation.

Brandklassen nach DIN EN 2

Entzündbare oder brennbare Stoffe

Der Begriff „entzündbare“ oder „brennbare“ Stoffe umfasst gasförmige, flüssige und feste Stoffe einschließlich Dämpfe, Nebel oder Stäube, die in Kontakt mit Luft oder reinem Sauerstoff zum Brennen neigen.

Wie ein Stoff brennt hängt von seinen physikalisch-chemischen Eigenschaften und dem Aggregatzustand ab. Die Vergrößerung der Oberfläche eines Werkstoffs kann sich entscheidend auf das Brandverhalten auswirken. Brennbare Stoffe werden in Brandklassen eingeteilt.

Es ist notwendig zu wissen, in welche Brandklasse der Stoff gehört, um geeignete Löschmittel auswählen und um ungeeignete Löschmittel vermeiden zu können, da diese unter Umständen den Brand ausweiten können.

Die Weiterentwicklung eines Brandes hängt von der Sauerstoffzufuhr ab.

Sauerstoff als Brandbeschleuniger

Wo ein Feuer ist, da ist auch Sauerstoff. Sauerstoff selbst ist nicht brennbar, fördert aber die Verbrennung. Es findet eine Reaktion (Oxidation) zwischen dem „brennbaren“ Stoff und dem Sauerstoff statt. Die Umgebungsluft enthält 21 % Sauerstoff (O2), 78 % Stickstoff (N2), 1 % Edelgase. Da bei einem Brand Sauerstoff verbraucht wird, hängt die Weiterentwicklung des Brandes von der Sauerstoffzufuhr ab: Ein Brand in einem geschlossenen Raum ohne Frischluftzufuhr wird nach einiger Zeit nur noch schwelen und ggf. verlöschen. Daher ist die Sauerstoffreduktion in bestimmten Bereichen (z. B. EDV-Zentralen) eine Maßnahme des Brandschutzes. Für den Menschen kann es gefährlich werden, Räume zu betreten, in denen vielleicht eine reduzierte Sauerstoffkonzentration (unter 19 % O2) auftritt. Daher muss vor Betreten von engen Räumen, Behältern, Gruben, Abwasserkanälen zunächst die Sauerstoffkonzentration gemessen werden.

Ein Schwelbrand kann durch plötzliche Sauerstoffzufuhr wieder aufflammen (z. B. durch Öffnen einer Tür oder eines Fensters). Dabei kann eine Stichflamme entstehen. Erhöht sich so der Sauerstoffgehalt, erhöht sich auch die Verbrennungsgeschwindigkeit. Aus diesem Grund ist in Werkstätten das Abblasen verstaubter Arbeitskleidung mit Druckluft unbedingt zu vermeiden. Die Kleidung reichert sich mit Sauerstoff an und kann zum Beispiel durch eine brennende Zigarette, einen Schleiffunken oder durch Schweißperlen sofort entzündet werden.

Brände können aber auch ohne Luftsauerstoff entstehen. Das ist der Fall wenn „brandfördernde“ Stoffe vorhanden sind wie die sauerstoffreichen Verbindungen organischer Peroxide, Chlorate, Permanganate oder Nitrate.

Jede entzündbare Flüssigkeit entwickelt mit zunehmender Temperatur immer mehr Dämpfe.

Wirksame Zündquellen

Bei Gasen oder Dämpfen von entzündbaren Flüssigkeiten reichen häufig schon Zündenergien von einem Millijoule (mJ) oder weniger aus. Offene Flammen oder Glut, heiße Oberflächen, mechanische oder elektrische Funken, elektrostatische Aufladung, Laserstrahlung und Druck sind wirksame Zündquellen.

Entzündbare Flüssigkeiten

An vielen Arbeitsplätzen werden entzündbare Flüssigkeiten oder Gefahrstoffe, die entzündbare Bestandteile enthalten, verwendet. Jede entzündbare Flüssigkeit entwickelt mit zunehmender Temperatur immer mehr Dämpfe. Diese können in Verbindung mit Luft oder mit reinem Sauerstoff brennbare oder explosionsfähige Gemische bilden. Schon von kleinen Mengen entzündbarer Flüssigkeiten kann Gefahr ausgehen.

Zuordnung der Gefahrenklasse „entzündbare Flüssigkeiten“ in Gefahrenkategorien nach Flammpunkt und Siedepunkt sowie die jeweilige Kennzeichnung nach CLP-Verordnung

Kenngrößen des Brand- und Explosionsschutzes für entzündbare Flüssigkeiten

Der Flammpunkt ist die niedrigste Flüssigkeitstemperatur, bei der sich ausreichend Dämpfe bilden, um das entstehende Dampf-Luftgemisch bei Fremdzündung kurzzeitig zu entflammen. Wird die Zündquelle entfernt, erlischt die Flamme. Der Flammpunkt einer entzündbaren Flüssigkeit ist in den Sicherheitsdatenblättern (Abschnitt 9 der Sicherheitsdatenblätter) zu finden.

Der Siedepunkt ist die maximal erreichbare Temperatur bei Normaldruck, bei der eine Flüssigkeit vollständig in den dampfförmigen Zustand übergeht.

Der Flammpunkt ist neben dem Siedepunkt ein Einstufungskriterium für Stoffe in die Gefahrenklasse „entzündbare Flüssigkeiten“ und in eine der drei zugehörigen Gefahrenkategorien.

Besonders gefährlich sind entzündbare Flüssigkeiten, deren Flammpunkt im Bereich der Raumtemperatur oder darunterliegt. Aber Achtung, die Raumtemperatur (Umgebungstemperatur) kann im Sommer auch auf über 30 °C ansteigen. Auch Flüssigkeiten mit einem höheren Flammpunkt können – zum Beispiel an heißen Oberflächen – entzündet werden.

Elektrische Betriebsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen müssen deshalb den jeweiligen Temperaturklassen der brennbaren Stoffe entsprechen.

Ein weiteres Merkmal von Flüssigkeiten ist der Dampfdruck. Jede Flüssigkeit verdunstet mehr oder weniger in die Umgebungsluft. Dadurch wird ein bestimmter Dampfdruck erzeugt, der von der Umgebungstemperatur abhängt. Je höher die Umgebungstemperatur, umso höher ist auch der Dampfdruck einer Flüssigkeit. Günstig im Sinne des Arbeitsschutzes ist ein hoher Flammpunkt bei gleichzeitig niedrigem Dampfdruck und hohem AGW.

Explosions- und Brandschutzmaßnahmen

Bereiche, in denen gefährliche, explosionsfähige Atmosphären vorkommen werden in Zonen eingeteilt. Die Einteilung ist abhängig von der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre. Die Zoneneinteilung ist Grundlage für die Beurteilung des Umfangs der zu berücksichtigenden baulichen und technischen Maßnahmen. So müssen zum Beispiel elektrische Betriebsmittel für die jeweilige Zone geeignet sein. Für entzündbare Gase und Dämpfe gilt:

  • Zone 0 – umfasst Bereiche, in denen gefährliche, explosionsfähige Gemische ständig oder langzeitig vorhanden sind, zum Beispiel im Inneren von (auch entleerten) Behältern.
  • Zone 1 – umfasst Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, dass gefährliche, explosionsfähige Gemische gelegentlich auftreten, zum Beispiel in Chemikalienlagern, in denen auch umgefüllt wird, und in nicht belüfteten Abwasserkanälen.
  • Zone 2 – umfasst Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, dass gefährliche, explosionsfähige Gemische nur selten und dann auch nur kurzzeitig auftreten, zum Beispiel im Umfeld von Sicherheitsschränken und in natürlich belüfteten Abwasserkanälen.

In explosionsgefährdeten Bereichen muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung abgeschätzt werden,

  • ob eine explosive Atmosphäre auftreten kann,
  • wie groß deren Zündungswahrscheinlichkeit ist,
  • welche Auswirkung eine mögliche Explosion haben könnte.
Die Ergebnisse der Ermittlung sowie die Explosionsschutzmaßnahmen und ggf. die Zoneneinteilung werden schriftlich dokumentiert (z. B. in einem Explosionsschutzdokument).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass unter folgenden Bedingungen entzündbare Flüssigkeiten und Gase besonders gefährlich sind:

  • niedriger Siedepunkt
  • niedriger Flammpunkt
  • niedriger Brennpunkt
  • niedrige Zündtemperatur
  • großer Explosionsbereich
  • hoher Dampfdruck

Um Brand- und Explosionsgefahren zu vermeiden, müssen Maßnahmen in der folgenden Rangfolge unternommen werden:

  1. Gefährlicher Gefahrstoffmengen oder -konzentrationen vermeiden oder verringern, ggf. durch „weniger“ gefährliche Stoffe substituieren (z. B. mit höherem Flammpunkt, Konzentration oberhalb OEG)
  2. Zündquellen vermeiden (z. B. durch Absenken der Oberflächentemperaturen, explosionsgeschützte Ausführung von Geräten bzw. Anlagen, Vermeidung von elektrostatischer Aufladung)
  3. Auswirkung von Bränden und Explosionen verringern (z. B. durch Inertisierung von Behältern, geeignete Löschmittel (siehe Tabelle 1 „Brandklassen“), Brandmelder, baulich geeignete Lagerräume, Fluchtwege, Notausgänge)

Beachten Sie bei der Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten die TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“.

Gefahrstoffe, die gefährliche Gase, Dämpfe, Nebel oder Rauche entwickeln, werden in Schränken, die gut entlüftet werden, oder in entsprechend belüfteten Lagerräumen aufbewahrt. Am Arbeitsplatz dürfen nur die Mengen entzündbarer Flüssigkeiten „für den Handgebrauch“ aufbewahrt werden, die der unmittelbaren Arbeit dienen.

Insbesondere dürfen entzündbare Flüssigkeiten und Druckgasbehälter nicht in Pausen-, Bereitschafts- oder Sanitärräumen, Durchgängen und Durchfahrten, Treppenräumen, in allgemein zugänglichen Fluren, auf Dächern und in Dachräumen bzw. in Arbeitsräumen gelagert werden.

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