Letzte Änderung: 13. April 2024

Suchtprävention – TEIL 1: Alkohol, Drogen, Medikamente & Co. am Arbeitsplatz

Das Risiko für den Betrieb

Sucht ist ein Thema, das sich nicht nur auf das private Umfeld beschränkt. Auch in der Arbeitswelt sind Beschäftigte und Führungskräfte mit Mitarbeiter*innen konfrontiert, die suchtgefährdet oder bereits süchtig sind. Suchtprobleme werden oft verdeckt, verdrängt oder verschwiegen.

Sucht als Risiko für den Betrieb

Für Betriebe und Organisationen ist das Thema Sucht besonders relevant, denn

  • Suchtmittelgebrauch bzw. -missbrauch führt zu einem erhöhten Unfallrisiko, durch das nicht nur die Konsumierenden selbst, sondern auch Dritte geschädigt werden können.
  • Sucht führt häufig zu erhöhten Fehlzeiten und verminderter Arbeitsleistung.

Der Betrieb kann aktiv daran mitarbeiten, Suchterkrankungen vorzubeugen (Primärprävention) oder bereits bestehende Erkrankungen zu erkennen und eine passende Therapie anzustoßen (Sekundär- und Tertiärprävention).

Die häufigsten Suchtmittel im Betrieb sind Alkohol, illegale Drogen und verschiedene Medikamente.

Fachleute schätzen, dass Alkohol bei 30 bis 50 % der Arbeitsunfälle Mitursache ist.

Alkohol schränkt u. a. die Reaktionsfähigkeit ein und kann zu schweren Unfällen führen.  Bild: © Kzenon, Adobe Stock

Alkohol

Im Jahr 2018 hatten insgesamt 3 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren eine alkoholbezogene Störung. Rund 1,6 Millionen davon waren alkoholabhängig. Weitere 1,4 Millionen Menschen tranken so viel Alkohol, dass man von einem missbräuchlichen Umgang spricht. Mit Alkoholmissbrauch ist jeder Konsum gemeint, der zu körperlichen, seelischen und sozialen Schäden führt (Quelle: Atzendorf, J. et al. (2019): Gebrauch von Alkohol, Tabak, illegalen Drogen und Medikamenten. Schätzungen zu Konsum und substanzbezogenen Störungen in Deutschland. Deutsches Ärzteblatt, 116 (35-36), 577-584).

Bereits geringe Mengen Alkohol wirken sich auf den Körper und die Psyche aus. Alkoholkonsum führt zu einem verminderten Reaktionsvermögen, nachlassender Aufmerksamkeit und zu einer Beeinträchtigung von Gleichgewicht und Sehvermögen. Gleichzeitig verändert sich die psychische Verfassung: Es kommt zum Verlust der Selbstkontrolle, zu Enthemmung, falscher Selbsteinschätzung und einer erhöhten Risikobereitschaft. 

Mit diesen alkoholbedingten Veränderungen steigen die Unfallgefahren am Arbeitsplatz und im Straßenverkehr erheblich.  
Fachleute schätzen, dass Alkohol bei 30–50 % der Arbeitsunfälle Mitursache ist. 

Auch für den Arbeitsweg spielen Alkohol und Restalkohol eine gefährliche Rolle. Zwar ist der Weg zur oder von der Arbeit über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Wenn Arbeitnehmer*innen jedoch alkoholisiert verunglücken, kann der Versicherungsschutz entfallen: Trunkenheit wird nämlich als rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls angenommen, wenn Versicherte absolut fahruntüchtig gewesen sind. Dafür reicht eine Alkoholkonzentration im Blut von 1,1 Promille aus.

Stoffe wie Amphetamine und Cannabis können auch Halluzinationen hervorrufen.

Illegale Drogen

Drogen werden grob in drei Substanzgruppen unterschieden: 

  • eher stimulierend  (Stimulanzien, z. B. Amphetamine),
  • eher beruhigend (Sedativa, z. B. Cannabis),
  • eher Halluzinationen hervorrufend (Halluzinogene, z. B. LSD).

Diese eher allgemeine Einteilung bezieht sich auf die dominierende Wirkung der Droge. Denn Stoffe wie Amphetamine und Cannabis können beispielsweise neben der hauptsächlichen Wirkungsrichtung auch Halluzinationen hervorrufen. 

Die am häufigsten konsumierten illegalen Drogen sind

  • Cannabis als Haschisch oder Marihuana
  • Opiate wie Heroin
  • Kokain, Crack
  • Speed (Amphetamine)
  • Halluzinogene (z. B. LSD)
  • Legal Highs und Bio-Drogen (z. B. Badesalz).
Wurden Medikamente medizinisch verordnet, fehlt Betroffenen oft völlig das Problembewusstsein für die Suchtursache.

Medikamente können Nebenwirkungen haben, die am Arbeitsplatz lebensgefährlich sein können.  Bild: © Andrzej Tokarski, Adobe Stock

Medikamente

Auch Medikamente können Abhängigkeiten hervorrufen oder werden missbräuchlich als Suchtmittel eingenommen. Schätzungsweise liegt bei etwa 2,9 Millionen Personen ein problematischer Konsum von Medikamenten vor. Vor allem die Anwendung von Medikamenten, wie Opiat-Analgetika sowie Hypnotika und Sedativa, weist ein hohes Abhängigkeitspotential auf. (Quelle: Rauschert, C. et al. (2022): Konsum psychoaktiver Substanzen in Deutschland – Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurvey 2021. Deutsches Ärzteblatt International, 119, 527-534. doi: 10.3238/arztebl.m2022.0244)

Wurden Medikamente medizinisch verordnet, fehlt Betroffenen oft völlig das Problembewusstsein für die Suchtursache. Dabei können auch diese Medikamente zu Nebenwirkungen führen, die die Arbeitssicherheit beeinträchtigen. 

Wenn auf dem Beipackzettel (sinngemäß) folgender Satz steht, ist besondere Vorsicht geboten: „Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.“ Dies ist häufig bei Schlaf-, Beruhigungs- oder Schmerzmitteln und bei Psychopharmaka der Fall. Haben Medikamente eine  langanhaltende Wirkung, können diese, abends eingenommen, noch bis in den nächsten Tag hinein wirken.  

Beispiele für Medikamente, die im betrieblichen Kontext missbräuchlich verwendet werden:

  • Neuro-Enhancement und Psychostimulanzien („Hirn-Doping“)
  • Antidepressiva 
  • Antidementiva
  • Beta-Blocker (u. a. gegen Bluthochdruck)

Risiko für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Betriebe müssen handeln

Unternehmen, Betriebe und vor allem Führungskräfte benötigen einen klaren Handlungsplan im Umgang mit suchtgefährdeten und süchtigen Beschäftigten. Welche Maßnahmen und Möglichkeiten es gibt, lesen Sie hier.

Gesetzliche Regelungen über den Konsum von Suchtmitteln am Arbeitsplatz finden Sie in der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) – zum Beispiel in § 15:  „Versicherte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.“ Gleiches gilt für die Einnahme von Medikamenten.

Im akuten Handlungsfall reicht die subjektive Einschätzung der Führungskraft aus.

Wenn Versicherte erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, dürfen Unternehmer*innen sie nicht mit dieser Arbeit beschäftigen (§ 7). Das gilt besonders, wenn akute Einschränkungen bestehen, beispielsweise durch Krankheit, Unwohlsein, Medikamenteneinnahme und Übermüdung oder durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderer berauschender Mittel. Um ein Beschäftigungsverbot aussprechen zu können, müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beschäftigten nicht in der Lage sind, die Arbeit korrekt auszuführen. Im akuten Handlungsfall reicht die subjektive Einschätzung der Führungskraft aus. Diese muss dann auf Verhaltensbeobachtungen und Hinweise gestützt sein. Die Führungskraft kann sich hierbei durch den/die Arbeitsmediziner*in beraten lassen. Auf ausdrücklichen Wunsch des betroffenen Beschäftigten kann die Arbeitsmedizin auch einen Test auf Suchtmittelkonsum durchführen.

Je nach Zustand können die betroffenen Beschäftigten im Betrieb bleiben, wenn sie in der Lage sind, andere Arbeitsaufgaben gefahrlos auszuführen. Anderenfalls müssen Arbeitgeber*innen wegen ihrer Fürsorgepflicht einen sicheren Heimweg für sie organisieren.

Der Konsum von Alkohol, Drogen, Medikamenten und Co. kann immer dann zum Verlust des gesetzlichen Unfallschutzes führen, wenn dieser Konsum die wesentliche Ursache für den Unfall war. Der kausale Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit wird dadurch quasi gelöst.


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