Letzte Änderung: 20. April 2024

Sicherheit auf dem Weg zur Arbeit

Prävention von Wegeunfällen: So beugen Sie Unfällen vor

Alle 90 Minuten erleiden Versicherte der Unfallkasse Hessen einen Unfall auf dem Weg von oder zur Arbeit. Diese Wege werden häufig als Privatsache angesehen, in die sich der Arbeitgeber nicht einzumischen hat. Doch in den meisten Branchen ereignen sich deutlich mehr Unfälle auf den Wegen von oder zur Arbeit als bei betrieblichen Fahrten. Arbeitnehmer*innen haben auf ihrem Weg ein etwa zehnfach höheres Unfallrisiko. Die Reduzierung von Wegerisiken, beruflich wie privat, ist deshalb für Beschäftigte und Unternehmer*innen gleichermaßen wichtig.

40% der tödlichen Verkehrsunfälle durch Ablenkung
Bild: © schallundschnabel

Chancen einer betrieblichen Wegeunfallprävention

Drei von fünf tödlichen Unfällen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit sind durch Wegeunfälle verursacht. Wegeunfälle – gerade von Berufspendlern – sind überdurchschnittlich häufig Unfälle mit zum Teil schweren und lebenslangen Unfallfolgen. Die Ausfallzeiten und finanziellen Auswirkungen für die Betroffenen und die Arbeitgeber*innen sind erheblich. Daher ist es notwendig, das Thema Wegeunfallprävention in die betrieblichen Maßnahmen zur Verhütung und Vermeidung von Unfällen aufzunehmen.

Arbeitgebende haben die gesetzliche Verpflichtung Vorsorgemaßnahmen für arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu treffen (§§ 8,21 SGB VII). Wirkungsvolle betriebliche Schutzmaßnahmen für Wegetätigkeiten bedeuten zusätzlich einen wichtigen Beitrag für

  • den betrieblichen Gesundheitsschutz generell,
  • die Innen- und Außenwirkung eines Unternehmens,
  • die betriebswirtschaftliche Situation eines Unternehmens.

Durch ein modernes Mobilitätsmanagement können Beschäftigten schnell, effizient und sicher Wege zurücklegen. Das ist Problem und Chance zugleich: Zum einen gibt es zahllose direkte und indirekte betriebliche Einflussfaktoren, die zu einem Wegerisiko führen können. Zum anderen wirken besonders beim Weg von oder zur Arbeit auch private Interessen in den betrieblichen Bereich hinein. Hinzu kommen unkalkulierbare Bedingungen, die im öffentlichen Straßenverkehr einen Unfall verhindern oder mit verursachen können.

Trotzdem: Die Unfallkasse Hessen unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe intensiv, den optimalen betrieblichen Maßnahmenmix (weiter) zu entwickeln. Ein erfolgreiches und sicheres betriebliches Mobilitätsmanagement braucht:

  • die Unternehmensphilosophie "Gehen und Fahren sind Arbeit",
  • die Kenntnis des Instrumentariums,
  • betriebliche "Kümmerer*innen".
Mit der eigentlichen Arbeit verbundene Wege zählen klar zur beruflichen Tätigkeit und unterliegen damit der Arbeitsschutzgesetzgebung.

Kommen Beschäftigte mit dem Rad zur Arbeit, kann der Betrieb das Tragen von Fahrradhelmen bewerben oder konkret unterstützen.  Bild: © finecki, Adobe Stock

Gehen und Fahren sind Arbeit

Die bewusste Einbeziehung von Wegetätigkeiten in den betrieblichen Arbeitsschutz ist Grundvoraussetzung für eine gelebte Unternehmensphilosophie.

Den Verantwortlichen ist bewusst, dass das Fahren von Gabelstaplern oder Einsatzfahrzeugen zur Arbeit zählt. Sie wissen, dass es hinsichtlich der Arbeitsschutzvorschriften genauso zu bewerten ist wie das Bedienen einer Maschine oder eines PCs. Grundlagen sind das Arbeitsschutzgesetz, die zugehörigen Verordnungen sowie die Unfallverhütungsvorschriften und Regeln der Unfallkassen und Berufsgenossenschaften.

Bei Fahrten im Straßenverkehr wird diese Tatsache gelegentlich übersehen – ein riskanter Trugschluss. Mit der eigentlichen Arbeit verbundene Wege zählen klar zur beruflichen Tätigkeit und unterliegen damit der Arbeitsschutzgesetzgebung. Unternehmer*innen und Beschäftigte müssen daher bei Fahrten die erforderlichen Schutzmaßnahmen treffen wie an jedem anderen Arbeitsplatz im Betrieb auch.

Die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstelle sind in der Regel ebenso unvermeidbar wie die damit verbundenen Risiken. Konsequenterweise besteht auf allen Wegen von und zur Arbeitsstelle gesetzlicher Unfallversicherungsschutz, der von den Arbeitgeber*innen finanziert wird. Ohne nähere rechtliche Verpflichtung sind konkrete Präventionsangebote und Maßnahmen der Arbeitgebenden für diese „außerbetrieblichen Risiken“ freiwillig. Dennoch sind diese wichtig und wirkungsvoll. Im Betrieb sind Beschäftigte oftmals bereit, ihr eigenes Verkehrs- und Mobilitätsverhalten sicher und unfallfrei zu gestalten.

Der Unternehmer trägt die Verantwortung für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (§ 21 Abs. I SGB VII).

Zu den Arbeitsunfällen im Sinne des Unfallversicherungsrechts gehören auch die Wegeunfälle (§ 8 SGB VII).

Wegerisiken in der Gefährdungsbeurteilung erfassen

Die systematische Einbeziehung von Wegerisiken in die Gefährdungsbeurteilungen ist dabei ein wichtiger Schritt. Gemeinsam sollten Arbeitnehmer*innen und die Fachkraft für Arbeitssicherheit ein Risikoprofil für Wegetätigkeiten erstellen und Sicherheitsmaßnahmen vereinbaren.

Die wichtigsten Kriterien sind dabei:

  • persönliche Mobilitätserfahrungen
  • persönliche Risikobereitschaft
  • persönliche Unfallbiographie
  • individuelle Risiken des Arbeitsweges
  • spezielle Risiken von Dienst- bzw. Betriebswegen
  • betriebliche Rahmenbedingungen (technisch, organisatorisch, personell)

Daraus abgeleitete individuelle und betriebliche Maßnahmen technischer, organisatorischer und persönlicher Art sorgen für mehr Sicherheit auf allen Wegen. In der Praxis werden mögliche technische Lösungen gerne übersehen. Daher sollte bewusst in allen Bereichen auch nach technischen Sicherungsmaßnahmen gesucht werden.

Mehr (Wegeunfall-)Prävention

Es werden viele betriebliche Maßnahmen angeboten, die mit dem passenden Zuschnitt auch Wegerisiken deutlich senken können.

Ein Beispiel: Berufliche Vielfahrer*innen üben eine sitzende Tätigkeit aus und sind – zumindest in LKWs und Baumaschinen – auch starken Vibrationen ausgesetzt. Das kann die Wirbelsäule sehr belasten. Auch Rückenschmerzen können die Folge sein. Leider werden Angebote zur Gesundheitsförderung wie Gymnastik und Rückenschule vorrangig den Beschäftigten im Büro angeboten, da sie zu Uhrzeiten stattfinden, wenn die Mitarbeiter*innen im Außendienst unterwegs sind. Durch eine entsprechende Umorganisation der Angebote (z. B. zeitlich), ist es möglich, auch die Außendienstmitarbeiter*innen besser zu erreichen.

Dabei haben Arbeitgebende große Einflussmöglichkeiten wie Beschäftigte unterwegs sind:

  • Fahrgemeinschaften: Sie können etwa die Bildung von Fahrgemeinschaften fördern. Studien belegen, dass deren Mitglieder sicherer unterwegs sind.
  • Fahrtrainings: Auch defensiv ausgerichtete PKW-Fahrtrainings erhöhen nachweislich die Sicherheit.
  • Helme nutzen: Bei Radfahrer*innen können Arbeitgebende darauf achten, dass diese nur mit Helm auf dem Betriebsgelände fahren. Die Helmnutzung im öffentlichen Straßenverkehr kann darüber hinaus beworben oder konkret unterstützt werden.
  • Ticket für den ÖPNV: Ein Job-Ticket fördert den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und bringt mehr Sicherheit. Die Anpassung der Arbeitszeiten an die ÖPNV-Zeiten oder umgekehrt hilft mitunter auch.

Der Fantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt.

Die Unfallkasse Hessen unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe konkret mit:

  • PKW-Fahrtrainings („UKH-GeFahrtraining“) – Zur Anmeldung
  • Kurzworkshops zu Spezialthemen auf Anfrage (z. B. Fahrradunfälle, Stolper-Rutsch-Sturz-Unfälle)
  • Medien für die betriebliche Verkehrssicherheitsarbeit
  • Zielgruppenspezifische Seminare und Trainings
  • Unterstützung bei der Durchführung von betrieblichen Aktionstagen

Die UKH arbeitet hierbei eng mit weiteren Institutionen und Akteuren der Verkehrssicherheitsarbeit (Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR), Deutsche Verkehrswacht, Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen, Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club e.V. (ADFC)) und anderen zusammen.

Häufige Fragen

Arbeitsunfälle sind gesetzlich definiert als "Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)". Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod der Versicherten Person führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Die Rechtsprechung verlangt für die Anerkenntnis eines Arbeitsunfalls u. a., dass eine Person einer versicherten Tätigkeit nachgeht (z. B. als Beschäftigte*r), einen Unfall erleidet und zum Unfallzeitpunkt eine betriebliche bzw. betriebsdienliche Tätigkeit ausübt.

Im Bereich der Schülerunfallversicherung wird vom Schulunfall gesprochen. Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden (z. B. Fahrten zu Kunden im Auftrag des Arbeitgebernden) sind Teil der betrieblichen Tätigkeit (Betriebsweg). Ein Wegeunfall ist ebenfalls ein Arbeitsunfall und hat mehrere Varianten. Die wichtigste Variante ist der tägliche Weg zur und von der Arbeit bzw. Schule. Versichert ist dabei der unmittelbare Weg. Nicht notwendig ist, dass es sich um den kürzesten Weg handelt. Auch ein etwas längerer, aber verkehrsgünstigerer, schnellerer Weg ist versichert. Es wird jedoch verlangt, dass der Weg mit der Absicht zurückgelegt wird, die Arbeitsstätte oder Schule zu erreichen bzw. nach der Arbeit direkt nach Hause zu gelangen. Umwege oder Abwege zur Erledigung privater Dinge (Tanken, Einkaufen, Besuch von Freunden) können zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.

Der versicherte Weg beginnt in der Regel morgens an der Außenhaustür und endet an der Außentür der Arbeitsstätte bzw. Werkstor oder am Schultor bzw. Schuleingang. Für den Rückweg gilt das Gleiche. Die Art und Weise, wie die Wege zurückgelegt werden, steht allen Versicherten frei. Sie haben also die Wahl, ob der öffentliche Nahverkehr, ein Auto, ein Fahrrad benutzt wird, oder ob der Weg zu Fuß zurückgelegt wird. Notwendige Wartezeiten (Bushaltestelle, Bahnhof) sind ebenfalls Teil des versicherten Weges.

Ja. Ehrenamtliche Wahlhelfer*innen stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie erhalten nach einem Unfall im Ehrenamt die gleichen Leistungen wie Arbeitnehmer*innen nach einem Arbeitsunfall. Zuständig sind die Unfallkassen der Länder. Die vorgeschriebene Unfallanzeige erstellt die Kommune, die die Wahlhelfer*innen einsetzt. Versichert sind auch die Wege, die unmittelbar mit dem Ehrenamt zusammenhängen, sowie Vor- und Nachbereitungstätigkeiten. Nicht versichert sind private Verrichtungen wie Nahrungsaufnahme und Toilettenbesuch.

Ja, wenn Eltern ihre Kinder in die Tagesstätte oder zu einer Tagesmutter/Tagespflege bringen müssen, um ihren Beruf ausüben zu können, sind Sie auf den Wegen gesetzlich unfallversichert. Auch eine notwendige Abweichung vom sonst üblichen Arbeitsweg ist versichert. Der gesetzliche Versicherungsschutz soll die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erleichtern beziehungsweise erst ermöglichen und bezieht sich auf die versicherte Mutter oder den versicherten Vater.

Nein. Der versicherte Weg beginnt erst mit dem Durchschreiten der Haustür ins Freie. Wege im eigenen Treppenhaus werden als unversichert angesehen, weil den Versicherten das Treppenhaus gut bekannt ist und die Gefahren leicht zu beherrschen sind.

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