Letzte Änderung: 13. April 2024

Unfallversicherungsschutz ja oder nein bei Pausen während der Arbeit

In der Pause verunglückt – und keiner will zahlen

Pausen sind wichtig für die Arbeit. Ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft sorgt für einen freien Kopf, Essen und Trinken für die nötige Energie bei späteren Aufgaben. Also nützen Pausen nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Arbeitgebenden. Warum sind Pausen dann in der Regel nicht versichert? Ein kurzer Ausflug in die Rechtsprechung sorgt für etwas Klarheit. Deutlich wird jedenfalls, dass Unfallkasse oder Berufsgenossenschaft (BG) häufig den Einzelfall zu entscheiden hat.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind bei der Arbeit und auf den dazu gehörenden Wegen gesetzlich unfallversichert. Geschützt ist man also bei allen Unfällen, die mit der Arbeit zusammenhängen.

„Moment, die Pausen hängen doch auch mit der Arbeit zusammen? Ich muss doch Pause machen, um danach wieder mental und/oder physisch gestärkt weiterarbeiten zu können?“

Der Gesetzgeber macht hier feine, aber bedeutsame Unterschiede.

Warum mache ich eine Pause? – Die Handlungstendenz ist ausschlaggebend.

Grundsätzlich nicht versichert sind also alle Tätigkeiten, die nicht direkt der Arbeit dienen. Diese werden als „eigenwirtschaftlich“ bezeichnet und sind „rein privat“. Wo zieht der aber Gesetzgeber konkret die Grenze zwischen versichert und unversichert?
Hier kommt die so genannte „Handlungstendenz“ ins Spiel. Sie beschreibt die Motivation, aus der man handelt. Sie fragt: „Welchem Zweck diente eigentlich das, was du zum Zeitpunkt des Unfalls gemacht hast? War das dienstlich oder eher privat?“
Wir betrachten in diesem Artikel die Schwerpunkte

  • Essen und Trinken
  • Wege zum Essen
  • Einkauf von Lebensmitteln
  • Beginn und Ende von versicherten Wegen
  • Besonderheiten im Homeoffice
  • Rauchen und Genuss von Alkohol
  • Spaziergänge und Sport
  • Private Erledigungen

Essen und Trinken

Ganz klar: Die Nahrungsaufnahme, also essen und trinken, ist nicht versichert. Sie zählt zu den menschlichen Grundbedürfnissen und hat mit der Arbeit an sich nichts zu tun. Damit ist sie „eigenwirtschaftlich“. Aber es gibt Ausnahmen in absoluten Einzelfällen: die Tätigkeit ist zum Beispiel ganz besonders anstrengend und schweißtreibend. Das könnte dazu führen, dass Flüssigkeit oder Nahrung über den normalen Bedarf hinaus nötig ist, damit die Arbeit überhaupt fortgeführt werden kann. Der Versicherungsschutz wird im Einzelfall also geprüft.

Die gemütliche private Kaffeerunde ist nicht versichert.  Bild: © Mirko Vitali, Adobe Stock

Wege zum Essen

Auch ganz klar bei Arbeitnehmer*innen in Unternehmen: Die Wege, die man im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme absolvieren muss, sind gesetzlich unfallversichert. Dazu gehören die Wege im Unternehmen selbst, zum Beispiel in die Kantine, aber auch die zur Gaststätte. Selbst, wenn Sie in der Pause bei der Freundin essen, ist der Weg dorthin und wieder zurück versichert. Sie müssen nicht in der Kantine essen. Wenn Sie direkte Nahrung brauchen, um überhaupt weiterarbeiten zu können, sind selbst die Wege zum Einkauf und zurück versichert.

Wollen Sie aber in der Mittagspause im Café Freunde bei Kaffee und Kuchen treffen, so überwiegt in den meisten Fällen die private Motivation (Freunde treffen) im Vergleich zur betrieblichen (Nahrungsaufnahme). Ergo: Die Wege sind nicht versichert. Fahren Sie in der Mittagspause nach Hause, um sich dort nicht-dienstlich zu beschäftigen, besteht ebenfalls kein Unfallschutz.

Einkauf von Lebensmitteln

Es kommt darauf an, zu welchem Zweck Sie einkaufen. Brauchen Sie Lebensmittel zum sofortigen Verzehr – für das Weiterarbeiten –, so sind Sie auf den Wegen zum/vom Einkaufen versichert. Nutzen Sie dagegen die Pause für einen Großeinkauf, so ist dies eigenwirtschaftlich. Natürlich gibt es oft Situationen, in denen Sie sowohl Nahrungsmittel zum sofortigen Verbrauch, als auch welche für spätere, private Zwecke einkaufen. Die Unfallkasse oder BG prüft im Einzelfall, welche Tendenz stärker zu bewerten ist. Beim Einkaufen selbst besteht kein Versicherungsschutz.

„Sobald Sie die Kantinentür durchschreiten, sind Sie privat unterwegs.“

Beginn und Ende von versicherten Wegen

Innerhalb des Betriebs endet der Unfallschutz an der Kantinentür: Sobald Sie diese durchschreiten, sind Sie privat unterwegs. Außerhalb des Betriebsgeländes bildet die Außentür der Gaststätte oder des Lebensmittelgeschäfts die Grenze. Wenn sich die Gaststätte oder der Markt innerhalb eines Einkaufszentrums befindet, so endet der Versicherungsschutz, wenn Sie die Außentür des Einkaufszentrums durchschreiten. Und dort beginnt der Schutz auf dem Rückweg zur Arbeit wieder – Sie müssen draußen sein. Wichtig: Es wird bei einem solchen Unfall auch geprüft, ob die Wege in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Pause stehen – wieder eine Entscheidung im einzelnen Fall.

Besonderheiten im Homeoffice – gar nicht so einfach

Der häusliche Bereich ist im Gegensatz zur Arbeitsstätte kein fremder Ort für Arbeitnehmer*innen. Man kennt sich hier mit möglichen Gefährdungen aus. Grundsätzlich endet der Versicherungsschutz darum mit dem Verlassen des häuslichen Arbeitsbereichs (meistens des Arbeitszimmers). In der restlichen Wohnung, also im privaten Bereich, gilt die gesetzliche Unfallversicherung nicht. Sucht man Küche oder Bad auf, so ist das rein privat. Genauso ist es, wenn der häusliche Bereich zur Nahrungsaufnahme verlassen wird. Die Grenze für den Versicherungsschutz ist immer die Tür des Arbeitszimmers. Haben Sie es verlassen, so sind Sie nicht versichert.

Rauchen und Genuss von Alkohol

Bei Zigaretten und Alkoholkonsum ist der Gesetzgeber streng: Beschaffung und Konsum von Genussmitteln wie Zigaretten und Alkohol werden der Nahrungsaufnahme niemals gleichgestellt. Beides ist ganz allein dem privaten Bereich zuzurechnen und damit nicht versichert. Auch bei vom Arbeitgeber geduldeten Raucherpausen und auf den Wegen zum Rauchen besteht kein Versicherungsschutz.

Privater Sport zu Hause ist als Pausenbeschäftigung nicht versichert.  Bild: © filippo, Adobe Stock

Spaziergänge und Sport

Ein Spaziergang in der Mittagspause ist zwar erfrischend und erholsam, stellt aber keine versicherte Tätigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar. Spazierengehen oder Sport dienen der allgemeinen Erholung und Entspannung und nicht überwiegend der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit.

Sollte es im Einzelfall aus besonderen betrieblichen Gründen notwendig sein, eine solche Erholung wahrzunehmen, so prüft die Unfallkasse/BG bei einem Unfall den Zusammenhang mit der Arbeit. Ein bisschen Bewegung allein wegen einer sitzenden Tätigkeit ist kein ausreichender Grund, um versichert zu sein.

Private Erledigungen

Der Friseurbesuch, der Gang zur Behörde oder zur Reinigung usw. sind einschließlich der Wege grundsätzlich nicht versichert. Das gilt genauso für private Tätigkeiten am Arbeitsplatz, ggf. sogar, wenn Sie betriebliche Arbeitsmaterialien oder Werkzeuge dafür verwenden. Die Motivation ist rein privat. Eine Ausnahme ist möglich: der Gang zur Apotheke während der Mittagspause. Eigentlich privat anzusehen, könnte dieser Weg jedoch versichert sein, wenn man sofort ein Medikament benötigt, um nach der Pause überhaupt weiterarbeiten zu können.

Häufige Fragen

Für den Versicherungsschutz müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

Der Sport dient in erster Linie als Ausgleich für die Belastungen am Arbeitsplatz. Die Sportart selbst spielt keine Rolle. Der Betriebssport muss regelmäßig stattfinden. Ein klarer organisatorischer Bezug zum Unternehmen ist Pflicht.

Das ist der Fall, wenn Arbeitgebende die Sportstätte zur Verfügung stellt und/oder feste Zeiten vorgeben. Die Teilnehmenden müssen im Wesentlichen Beschäftigte des Betriebs sein. Auch Betriebssportgemeinschaften mehrerer Unternehmen, die sich zu überbetrieblichen Sportgruppen zusammenschließen, stehen unter Versicherungsschutz. Versichert sind die Mitarbeiter*innen nicht nur beim Betriebssport selbst, sondern auch auf den damit verbundenen Wegen.

Achtung: Sportliche Wettkämpfe sind nicht gesetzlich unfallversichert, auch keine Fußballturniere! Sportliche Höchstleistungen oder die Teilnahme an Wettkämpfen dürfen beim Betriebssportauf keinen Fall im Mittelpunkt stehen! Dies gilt bereits bei einem einmaligen "Kräftemessen" gegen einen betriebsfremden Gegner und auch bei einer gemeinsamen sportlichen Freizeitgestaltung mit Betriebsangehörigen (z. B. mehrtägige Skifreizeit).

Auch in regelmäßigen Übungsstunden stattfindende Wettkämpfe mit anderen Betriebssportgemeinschaften sowie Freizeitveranstaltungen, die im Zusammenhang mit der Sportausübung stattfinden, stehen nicht unter Versicherungsschutz.

Beschäftigte sind auch im Homeoffice gesetzlich gegen Arbeitsunfälle versichert. Bei mobiler Arbeit besteht der Versicherungsschutz im selben Umfang, wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

Unfälle im Sinne des Sozialgesetzbuch VII sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper des Versicherten einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Ja. Die gesetzliche Unfallversicherung dient der Ablösung der Haftpflicht der Unternehmer*innen und soll den Betriebsfrieden wahren, indem Streitigkeiten unter Arbeitskollegen oder zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in vermieden werden sollen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber ausdrücklich ins Gesetz geschrieben, dass ein Arbeitsunfall vorliegt, auch wenn der Versicherte „verbotswidrig“ gehandelt hat. Demnach erhalten Versicherte, die einen Unfall erlitten haben, auch dann Leistungen, wenn sie sich bei einem Verstoß gegen Gesetze (z. B. Geschwindigkeitsüberschreitung) oder etwa Unfallverhütungsvorschriften verletzt haben. Ein selbstverschuldeter Unfall ist also in der Regel zu entschädigen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Sollte diese Person im Nachhinein rechtskräftig wegen eines Verbrechens oder eines vorsätzlichen Vergehens verurteilt werden, so können trotz vorliegenden Arbeitsunfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung versagt werden. Der Arbeitsunfall als solcher bleibt aber anerkannt. Sollte die Verletzung beabsichtigt sein (Selbstverstümmelung), so liegt kein Arbeitsunfall vor. Denn die Verletzung erfolgte freiwillig und nicht unfreiwillig.

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