Letzte Änderung: 20. April 2024

Sichere und gesundheitsförderliche Arbeitsprozesse für Unternehmen entwickeln

Arbeitsschutzkoordinator*in als Schlüsselperson für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb

Mit fortschreitender Deregulierung verbindlicher Vorschriften zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit verändern sich auch die unternehmerischen Aufgaben in Sachen Arbeitsschutz. Die Zeiten, in denen nur starre Grenzwerte einzuhalten und punktuell Defizite zu beseitigen waren, sind endgültig vorbei. Heutzutage gelingt funktionierender Arbeitsschutz, indem Verantwortliche vorausschauend Bedürfnisse feststellen und nachhaltige Strategien zu reibungslosen, sicheren und gesundheitsförderlichen Arbeitsprozessen entwickeln. Und hier kommt der*die Arbeitsschutzkoordinator*in ins Spiel.

Bild: © UKH

Arbeitsschutz ist Chef*innen-Sache

Die gesetzliche Basis für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bilden das Arbeitsschutzgesetz sowie die DGUV Vorschrift 1. Darin ist für Arbeitgebende die Pflicht verankert, geeignete Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen und Gesundheitsgefahren zu treffen sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen. Grundlage für eine zielgerichtete Planung und die koordinierte Durchführung dieser Maßnahmen ist stets eine geeignete Aufbau- und Ablauforganisation im Betrieb.

Unternehmer*innen müssen als oberste Leitungen sicherstellen, dass

  • die Maßnahmen, je nach Erfordernis, bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden,
  • die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.
  • Maßnahmen sind zudem kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und bei Bedarf an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen.

Zur fachlichen Beratung stehen der obersten Leitung dabei Expertinnen und Experten wie Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und andere beauftragte Personen zur Seite. Über die fachliche Expertise hinaus hat jedoch häufig niemand im Betrieb einen echten Überblick über die Gesamtheit der verschiedenen Aktivitäten und Maßnahmen zu Sicherheit und Gesundheit. Hier beginnt die Arbeit der Arbeitsschutzkoordinator*innen (ASK).

Die Funktion der Arbeitsschutzkoordination wird nicht ausdrücklich gesetzlich gefordert.

Die Lösung: Der*die Arbeitsschutzkoordinator*in

Eingebunden in die betrieblichen Abläufe unterstützen sie die oberste Leitung bei der Vernetzung aller Themen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit mit den Kernaufgaben des Betriebes. Die "Arbeitsschutzkoordinatorin", bzw. der "Arbeitsschutzkoordinator" (alternativ auch: „Zentrale*r Beauftragte*r für Arbeitsschutz“ oder „Systembeauftragte*r für Arbeitsschutz“) ist kein feststehender Begriff. Kein Gesetz fordert diese Person ausdrücklich. ASK nehmen jedoch eine wichtige Schlüsselrolle bei der Integration von Sicherheit und Gesundheitsschutz in die betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation als gesetzliche Unternehmerpflicht ein.

In einem Kreis steht "Arbeitsschutzkoordinator" um diesen Kreis in der Mitte sind fünf weitere Kreise angeordnet, die durch eine Linie verbunden sind. In den Kreisen steht "organisieren", "beraten", koordinieren", "bewerten" und  "überprüfen".

Bild: © UKH

Aufgaben von Arbeitsschutzkoordinator*innen

Grundsätzlich gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zum Aufgabenprofil der ASK. Nach unserem Verständnis soll die Koordinatorin/der Koordinator die "Unternehmerbrille" aufsetzen und aus dieser Perspektive an der Organisation und Kontrolle von Aufgaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz im Betrieb mitwirken. Die konkreten Aufgaben und die Stellung im Betrieb sollten immer betriebsspezifisch gestaltet werden. Weiterführende Informationen zum Thema Organisation von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit finden Sie in Band 19 der UKH Schriftenreihe.

Die meisten Aufgaben erfordern eine enge Kooperation mit den anderen Expert*innen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Der betriebsärztliche Dienst, Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie weitere beauftragte Personen (z. B. der Personalbereich) stehen auch den ASK beratend zur Seite. Ein zentraler Schwerpunkt der Koordinationsarbeit ist die Planung, Umsetzung und Kontrolle von Maßnahmen im Rahmen des regelmäßigen Austausches mit Führungskräften der nachgeordneten Organisationseinheiten.

Mögliche Aufgaben der*des ASK:
  • Vorschläge machen und Umsetzung planen für Jahresziele des Betriebs im Arbeits- und Gesundheitsschutz.
  • Kennzahlen zu Sicherheit, Gesundheit und präventiven Maßnahmen laufend überprüfen.
  • Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses einberufen, vorbereiten, moderieren.
  • Bestellung der Arbeitsschutzexpertinnen und -experten, Sicherheitsbeauftragten, Ersthelferinnen und Ersthelfer und anderer beauftragter Personen überprüfen.
  • Aus- und Fortbildung von Sicherheitsbeauftragten sowie Ersthelferinnen und Ersthelfern organisieren.
  • Zentrale Regelungen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (z. B. Regelungen zur Beschaffung oder Übertragung von Unternehmerpflichten) entwickeln, überprüfen, überarbeiten.
  • Relevante Vorschriften aktualisieren und betreffende Kreise/Personen über wesentliche Neuerungen informieren.
  • Qualifikation der Führungskräfte zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit überprüfen.
  • Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen und Begehungen überprüfen.
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge organisieren.
  • Notfallregelungen und Verfahrensanweisungen bei Unfällen überprüfen.
  • Führungskräfte zur Zusammenarbeit mit den Arbeitsschutzexpert*innen beraten.

Arbeitsschutzkoordinatorinnen und -koordinatoren nehmen ihre Aufgaben aus der Perspektive der obersten Unternehmensleitung wahr, das heißt sie unterstützen diese bei der Vernetzung aller Themen zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit mit den Kernaufgaben des Betriebs. Dazu schaffen sie organisatorische Regelungen und koordinieren den weiteren Maßnahmenablauf. Die letztendliche Verantwortung hat jedoch stets die oberste Leitung.

Und das ist nicht ihre Aufgabe:

Die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Beratung der obersten Leitung und der Führungskräfte bei der Beurteilung, Auswahl und Umsetzung von Maßnahmen zur Gewährleistung sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitsbedingungen obliegt den bestellten Arbeitsschutzexpert*innen (Fachkraft für Arbeitssicherheit, betriebsärztlicher Dienst etc.).

Aus der (möglichen) Doppelrolle der Arbeitsschutzkoordinator*innen können unter Umständen Konflikte entstehen.

Stellung des*der ASK im Betrieb – Kommunikation auf Augenhöhe

Die*der ASK nimmt in der Regel eine Stabsfunktion der obersten Leitung ein und berichtet dieser direkt. Die Koordination des Arbeitsschutzes ist meist eine zusätzliche Aufgabe und die betreffende Person normalerweise in der Linienorganisation eingeordnet. Aus dieser (möglichen) Doppelrolle können unter Umständen Konflikte entstehen. Hier ist dann eine Klarstellung wichtig, in welcher Funktion die*der ASK gerade tätig ist.

Erfahrungsgemäß muss die Person als Vertretung der obersten Leitung fachliche Anerkennung finden, insbesondere bei Amts-, Fachbereichs- oder Betriebsleitungen. Es eignet sich daher nur eine Person, die "auf Augenhöhe" mit den Amts- oder Fachbereichsleitungen kommunizieren kann und entsprechende Anerkennung genießt.

ASK sind nicht nur "die rechte Hand" der obersten Leitung in Sachen Sicherheit und Gesundheit im Betrieb, sondern beraten und unterstützen auch die nachgeordneten Organisationseinheiten, die Sicherheitsbeauftragten, Ersthelferinnen und Ersthelfer sowie Brandschutzhelfer*innen in allen Fragen zum Thema.

Die Stellung der ASK kann jedoch von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein und orientiert sich immer an den übertragenen Aufgaben und Befugnissen. Trotz allem behält die oberste Leitung stets ihre Aufsichtspflicht und die Gesamtverantwortung für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten im Betrieb.

Aus der Praxis von Arbeitsschutzkoordinator*innen

„In einer Kommune reicht es nicht aus, den Arbeitsschutz als isolierte Aufgabe wahrzunehmen. Er muss vielmehr mit der entsprechenden Personalentwicklung und einer Organisationsberatung Hand in Hand gehen. Sonst können die Maßnahmen nicht nachhaltig sein und das Vertrauen der Beschäftigten in einen echten Kulturwandel verebbt.“
Thomas Briefs, Stadt Baunatal

„Wenn man Führungskräfte in der Hochschule erreichen will, dann reicht es nicht, nur die Defizite aufzuzeigen, sondern man muss auch Unterstützung anbieten. Gleichzeitig muss man Verbindlichkeiten in Form von Richtlinien schaffen, um leitungsseitig zu verdeutlichen, welchen Stellenwert der Arbeitsschutz einnimmt. Im Zuge dessen haben wir den Arbeitsschutz im Leitbild verankert und eine Kampagne zur Steigerung des Sicherheits- und Gesundheitsbewusstseins der Beschäftigten initiiert.“
Georg Mösbauer, Universität Kassel

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