Konkrete betriebliche Vorgaben im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung
Auch wenn das „früher“ vielleicht anders ausgesehen hat – Abfallsammelfahrzeuge durften noch nie ohne triftigen Grund rückwärtsfahren. Die Sammeltour war immer schon so zu planen, dass Bereitstellungsplätze vorwärts angefahren werden können. Rückwärtsfahrten waren die absolute Ausnahme und eigentlich nur für alte und enge Straßen gedacht, die vor 1979 gebaut wurden (Inkrafttreten der Unfallverhütungsvorschrift „Müllbeseitigung“), sowie für besondere Situationen, z. B. wenn der Müllwagen überraschend zugeparkt worden war.
Ein Fahrer, der rückwärtsfuhr, beging „früher“ normalerweise eine Ordnungswidrigkeit. Es ist unstrittig, dass dies in der Praxis anders gehandhabt wurde. Aber die Tatsache an sich macht das Verhalten deshalb nicht richtig. Tatsache ist nämlich auch, dass es bundesweit fast wöchentlich zu schweren Unfällen durch Rückwärtsfahrten kam – und noch kommt. Nicht nur die Müllwerker*innen selbst werden dabei häufig schwer verletzt, sondern auch unbeteiligte Dritte, die dem Fahrzeug nicht ausweichen können.
Das Thema ist mit Veröffentlichung der Branchenregel in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, weil Abfallwirtschaftsbetriebe seitdem im Rahmen ihrer Gefährdungsbeurteilung nun aktiv ermitteln und festlegen müssen und auch festlegen dürfen, ob, wo und wie rückwärtsgefahren werden muss. Die Rückwärtsfahrt ist bei der Tourenplanung die letzte aller denkbaren Maßnahmen. Aber, wenn es nicht anders geht, dann ist Rückwärtsfahren möglich. Gefüllte Behälter sind schwer, das Fahrzeug sollte also möglichst nah an sie heranfahren. Alle übrigen Optionen, z. B.
- bauliche Maßnahmen,
- Ordnungsmaßnahmen,
- ein Behältertransport zu Bereitstellungsplätzen
- oder auch der Einsatz von speziellen Fahrzeugen
müssen aber zuvor geprüft und ggfs. verworfen worden sein.