- Ein gut gewartetes Fahrzeug mit gut gewartetem Aufbau und einer modernen, ebenfalls gut gewarteten Automatik-Schüttung, die es dem Müllwerker erlaubt, beim Schüttvorgang ein paar Schritte zurückzutreten,
- dazu lärmgedämmte Sammelbehälter, die nur noch den Abfall aufnehmen müssen, der nach einem gut durchdachten Entsorgungskonzept übriggeblieben ist,
diese Maßnahmen werden in der Regel dazu führen, dass im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung keine weiteren – nämlich personenbezogenen – Maßnahmen erforderlich werden. Falls sie aber in Einzelfällen doch nicht ausreichen, muss der Unternehmer seinen Mitarbeiter*innen bei der Abfallsammlung geeigneten Gehörschutz stellen und dafür sorgen, dass dieser auch benutzt wird.
Wo fängt die Gefährdung an?
Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung gibt als oberen Auslösewert einen Tagesexpositionspegel von 85 dB(A) und als Spitzenschalldruckpegel einen Peak-Wert von 137 dB(C) vor. Liegt die Belastung in diesem Bereich oder gar darüber, muss der Betrieb tätig werden und Maßnahmen zur Lärmminderung ergreifen. Bereits ab einem Tagesexpositionspegel von 80 dB(A) ist Gehörschutz anzubieten.
Lärm in der Abfallsammlung darf nicht unterschätzt werden.
Bild: © DGUV
Lärmintensive Schüttungen
Der Schüttvorgang ist so geräuschintensiv, dass bei Müllwerkern schnell ein persönlicher Tagesexpositionspegel von 85 dB(A) erreicht wird:
- Restmüll- und Biomüllsammlung
Jedes dynamische Anschlagen eines Behälters erzeugt ein lautes Geräusch. Sowohl der Anschlag am Abkipppunkt oben als auch das Schlagen des Deckels sind eine Gefahr für das Gehör. Je dichter man danebensteht und je häufiger es passiert, desto größer ist die Gefährdung, die vom Lärm ausgeht. Je größer die Tour und damit die Anzahl der Behälter, die geladen werden müssen, desto stärker ist die Lärmbelastung.
Die meisten Behälter werden während der Restmüllsammlung geladen. Hier sind die Pegel am höchsten. Aber auch beim Bioabfall ist die Zahl der zu ladenden Behälter meist hoch genug, sodass grundsätzlich eine Lärmgefährdung entsteht. Im Unterschied zum Altpapier werden die Restmüll- und Bioabfall-Behälter oft sehr dynamisch angeschlagen und nachgerüttelt, damit sich diese auch zuverlässig entleeren.
- Manuelle Auslösung
Passiert das Anschlagen manuell, so steht der Mülllader während des Schüttvorganges unmittelbar am Fahrzeug. Er hat keine Möglichkeit, sich der Lärmquelle zu entziehen. Bei einem durchgehend automatisierten Schüttvorgang ist der Verbleib des Müllladers an der Schüttung nicht erforderlich. Er kann leicht zurücktreten und sich so von der schädigenden Lärmquelle entfernen. Hier sind bereits wenige Meter ein großer Gewinn.
- Sperrmüllsammlung
Im Gegensatz dazu ist bei der Sperrmüllsammlung die Zusammensetzung des Abfalls von entscheidender Bedeutung. Wenn viel Holz, Metallteile oder auch Glas entsorgt werden soll, ist der Lärmpegel deutlich höher als bei der Entsorgung von Tapeten, Teppichen etc. Hier ist die Exposition eher gering. Entscheidend ist somit nicht die Anzahl der angefahrenen Sammelstellen, sondern die Zusammensetzung der Abfälle, die man dort vorfindet.
- Altglassammlung
Bei der Altglassammlung ist der Standort des Laders entscheidend. Steht er hoch oben auf dem Fahrzeug mit Blick in die Containermulde, so ist er lärmgefährdet. Steuert er den Entleerungsvorgang von unten, also seitlich neben dem Fahrzeug, ist er es in aller Regel nicht.
- Altpapier und DSD-Abfälle
Im Vergleich zu den anderen Abfallarten ist die Sammlung von Altpapier und DSD-Abfällen eher „leise“, weil kein Nachrütteln und kein heftiges Anschlagen zum Entleeren der Behälter oder zum Laden der „Gelben Säcke“ erforderlich ist.
Praktische Hinweise, wie man die Lärmgefährdung verringern kann
Ausgesprochen wichtig ist die regelmäßige Wartung der Schüttungs- und Presssysteme. Ausgeschlagene Puffer und „Metall auf Metall“, zum Beispiel wegen fehlender Schmierung, müssen unbedingt vermieden werden. Eine Zentralschmierung ist hierfür sehr hilfreich.
Lösungen für die Schüttung
Also: Je größer der Abstand zur Schüttung, desto geringer ist die Lärmimmission für den Lader. Ein wirkungsvoller Abstand ist aber nur bei automatischen Systemen möglich, dort aber leider arbeitstechnisch nicht immer realisierbar.
Der eigentliche Schüttvorgang mit dem Auf- und Zuklappen der Behälterdeckel sowie laute Anschlaggeräusche beim Rütteln belasten das Gehör der Mülllader am stärksten. In der Praxis möchte der Müllwerker den Behälter natürlich so zeitsparende wie möglich und mit einem einzigen Schüttvorgang vollständig leeren. Ein harter und mehrfacher Anschlag ist hierbei hilfreich. Üblicherweise kann dies an der Schüttung einstellt werden. Die Anzahl der „Anschläge“ während der Sammeltour bestimmt aber maßgeblich die Gesamtexposition.
Organisation der Müllsammlung
Wie viele Anschläge nötig werden und welche Intensität sie haben, kann man über das Rutschverhalten der Abfälle beeinflussen. Zu kleine und/oder intensiv verdichtete Gefäße, festfrierende Abfälle (Feuchtigkeit), sperrige Abfälle (Äste etc.) und einige andere Faktoren führen dazu, dass insbesondere Bioabfälle schlecht aus ihren Sammelbehältern rutschen. Hier kann die Kommune bereits im Vorfeld einiges organisieren, um diese Probleme zu minimieren, zum Beispiel:
- Astschnitt separieren
- Schreddermöglichkeiten anbieten
- Einlegesäcke für Bioabfälle zur Verfügung stellen
- nicht allzu kleine Behälter zur Verfügung stellen
Dabei ist es technisch relativ einfach, die Behälter so zu dämmen, dass der Betrieb annähernd geräuschfrei abläuft. Nahezu alle Behälterhersteller bieten über die Anforderungen der Norm hinaus wirkungsvolle und kostengünstige Lösungen an:
- Deckelöffnungs- und Zuschlagsdämpfungen am Griff oder am Falz
- Sowie Fahrwerks- und Absetzdämpfung
bieten eine ganz erhebliche Lärmreduzierung. Davon profitieren die Müllwerker und auch die Bürgerinnen und Bürger.
Persönliche Schutzausrüstung, wenn Technik und Organisation ausgereizt sind
Die lärmgefährdeten Mitarbeiter müssen mit persönlicher Schutzausrüstung – Gehörschutz – ausgestattet werden, wenn die technischen Möglichkeiten ausgereizt sind oder noch nicht vollständig umgesetzt werden konnten. Bei der Auswahl des Gehörschutzes ist zu berücksichtigen, dass die Müllwerker sich im Straßenverkehr bewegen und unter schwierigen hygienischen Bedingungen arbeiten.
Auswahl des Gehörschutzes
Sich im Straßenverkehr zu bewegen bedeutet, dass man aktiv am Straßenverkehr teilnehmen und zum Beispiel Warnsignale anderer Verkehrsteilnehmer*innen wahrnehmen können muss. Kommunikation und Richtungshören dürfen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Für eine hohe Akzeptanz sollte der Gehörschutz angenehm zu tragen und einfach zu handhaben sein. Er sollte nur in enger Abstimmung mit dem Personalrat und, vor allem, den betroffenen Mitarbeiter*innen beschafft werden.
Grundsätzlich gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen Gehörschutzarten, die nicht alle gleich gut für die Abfallsammlung geeignet sind.
Der Gehörschutz muss folgende Eigenschaften aufweisen:
- Eher geringe Dämmung, aber dabei gleichbleibend gutes Richtungshören.
- Sprachkommunikation muss möglich sein.
- Warnsignale müssen sicher und frühzeitig wahrgenommen werden.
- Sie müssen getragen werden wollen, deshalb unbedingt die betreffenden Mitarbeiter einschalten.
- Der Gehörschutz soll leicht zu reinigen sein.
- Er sollte außerdem nicht häufig auf- und abgesetzt bzw. in den Gehörgang eingeführt werden müssen, damit keine Verschmutzung oder Verschleppung mit Keimen stattfindet.
- Für die Sammlung von Restmüll und Bioabfällen eignen sich nach derzeitigen Erkenntnissen so genannte Gehörschutz-Otoplastiken besonders gut.
Gehörschutz-Otoplastiken werden individuell an den Gehörgang angepasst. Sie können während der ganzen Arbeitsschicht getragen werden. Aufgrund der Möglichkeit, sie mit einer flachen Dämmcharakteristik und schwacher Dämmung zu versehen, kann man eine sehr gute Sprachverständlichkeit erzielen. Auch das Signal- und Richtungshören wird nicht beeinträchtigt. Manche Hersteller bieten die Möglichkeit, die Dämmung je nach Erfordernis individuell anzupassen. Besteht bereits eine Hörminderung, sind mit Otoplastiken auch technische Lösungen realisierbar, die den Müllwerker einerseits zwar vor Lärm schützen, andererseits aber auch das Signal- und Richtungshören erleichtern.
Gehörschutz beim Einsammeln von Sperrmüll, Glas und Papier
Bei der Sperrmüllsammlung und dem Entleeren von Glascontainern werden andere Sammelsysteme eingesetzt und somit stellen sich hier andere Rahmenbedingungen. Bei der Sperrmüllsammlung wird meist ein Pressfahrzeug verwendet, bei der Glascontainer-Entleerung häufig eine offene Mulde. Bei beiden Systemen lässt sich der Schutz in aller Regel nur über die persönliche Schutzausrüstung (Gehörschutz) gewährleisten. Da der Mülllader immer unmittelbar am Fahrzeug und auf der dem Verkehr abgewandten Seite steht, ist die ggf. eingeschränkte Verkehrswahrnehmung durch den Gehörschutz unkritisch.
Bei Papier ist das Sammelsystem meist das gleiche wie beim Restmüll bzw. Bioabfall. Da sich Papier und Kartonage aber leichter entleeren lässt (= anderes Schüttverhalten), kann hier auf einen festen und mehrfachen Anschlag verzichtet werden, was den Lärm erheblich verringert.